POLITISCHE FARBENSPIELE…und was sie für die MINT-Bildung bedeuten sollten

Kommentar

von Edith Wolf und

Dr. Ekkehard Winter

SprecherIn des Nationalen MINT Forum

Die Farbenlehre beschreibt die Lehre von Systemen zur Ordnung von Farben. In erster Linie Künstler, aber auch Physiker, Biologen und Psychologen betreiben diese Lehre – allerdings aus verschiedenen Blickwinkeln. Biologen untersuchen die durch Licht hervorgerufenen Reize, Physiker interessieren sich in erster Linie für lichtoptische Farberscheinungen, in der Psychologie spielen die Emotionen, die durch Farben hervorgerufen werden können, eine Rolle. In den vergangenen Wochen konnte man Emotionen, die durch verschiedene Farberscheinungen hervorgerufen werden, auch in anderen Berufsgruppen beobachten: bei Politikern und bei Journalisten. Die einen finden durch die Neusortierung ihrer farblichen Spektren neue Freunde – die anderen beobachten dies mit Begeisterung – aber auch mit Skepsis. Schauen wir uns an, was die aktuellen politischen Farbenspiele für die MINT-Bildung in Deutschland bedeuten können. Eines ist allen Parteien, die derzeit für sich in Anspruch nehmen an einer nächsten Regierung beteiligt zu sein, gemein: Ihre Vertreter sprechen auffällig häufig von „Zukunft“ und „Aufbruch“ – von „Visionen“ und „Missionen“ einer „Reformregierung“ und dem „Modernisierungsjahrzehnt“ ist die Rede. Umso überraschender war es daher, dass im Wahlkampf die Bildung so gut wie keine Rolle gespielt hat. Denn die Zukunft wird in den seltensten Fällen in großen Verwaltungen gestaltet. Die Zukunft wird von denen gestaltet, die sich jetzt in unseren Bildungssystemen befinden.

 

Die Potentiale der MINT-Bildung, besonders in Bezug auf Frauen und Mädchen, haben die vier derzeit für eine Regierungsbildung in Frage kommenden Parteien erkannt – und auch in ihren Parteiprogrammen aufgeschrieben. Dürften wir sie alle beim Wort nehmen, so könnten wir für einen Koalitionsvertrag (und damit die nächste Legislatur) nicht weniger als eine „Offensive für die MINT-Bildung“ mit besonderem Fokus auf Mädchen und Frauen, einen echten Wandel im digitalen Lehren und Lernen an Schulen und Hochschulen, Strategien für das Einsetzen, die Aus- und Weiterbildung von multiprofessionellen Teams in der Lehre und eine deutlich bessere Anbindung von außerschulischen Akteuren, z. B. über das Ganztagsangebot, erwarten. Wir stellen fest: Die Problemlagen – und auch die Lösungsansätze, für die das Nationale MINT Forum seit nunmehr fast 10 Jahren wirbt, sind allen Parteien bewusst und bekannt. Ebenso bekannt ist der Handlungsdruck, unter dem sich eine neue Regierung – egal welche Farben sie am Ende hat - just in dem Moment befindet, in dem sie ihre Arbeit aufnimmt. Die Gestaltung der Klimawende, die Digitalisierung unserer Verwaltungs- und Bildungssysteme, die Überwindung der Corona-Pandemie (und Vorbereitung auf ähnliche Szenarien) und die Stärkung der Innovationsfähigkeit unseres Landes, all dies duldet keinen Aufschub. Und für all diese Herausforderungen benötigen wir MINT-Fachkräfte in einem deutlich höheren Umfang, als es aktuelle Prognosen erwarten lassen. Dass dieser Zusammenhang von der Politik so selten deutlich gemacht – und daher offenbar nicht erkannt wird – überrascht und erfüllt uns bisweilen mit Sorge. In der neuen Legislaturperiode müssen nicht nur die Weichen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gestellt werden – die neue Trasse muss auch sofort befahren werden. Wir hoffen, dass das zu erwartende Dreierbündnis mit seiner Politik die Dynamik entfaltet, die dieses Land braucht und vor allen Dingen die Potentiale und Notwendigkeit der MINT-Disziplinen für die Zukunft erkennt und fördert.

 

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